Immer dieser Leistungsdruck
Es ist Dienstag. Mein freier Tag (wenn ich den nicht aus dienstlichen Gründen verschieben muss). Ja, ich leiste mir eine vier Tage/34 Stunden Arbeitswoche.
Dieser freie Tag ist für mich und meine Interessen. Eine Zeit lang habe ich nebenbei im Fernstudium Kurse belegt und sogar die Prüfungen geschrieben. Das Ziel war aber nicht ein weiterer Abschluss, sondern einfach Spaß am (Neues) Lernen. Nach drei Jahre war die Luft allerdings raus. Ich habe die für mich interessanten Kurse des Studiengangs durch. Vielleicht wechsel ich noch mal den Studiengang oder lass es erst einmal sein, wer weiß.
Dienstags war vor zwei Jahren auch die Zeit für die Finanzübersicht und die Umzugsplanung.
Im Moment ist es die Zeit für meinen Blog und stöbern auf anderen Blogs.
Natürlich habe ich all die Dinge nicht nur dienstags gemacht. Sondern auch zusätzlich an anderen Tagen, wenn es notwendig war. Kurse besucht, gelernt, Prüfungen geschrieben, Termine eingehalten usw.
Auch will ich, dass dieser Blog langfristig bleibt. Vielleicht überlagern zwischenzeitlich mal andere Interesse das Schreiben von Artikel, aber vermutlich nicht dauerhaft.
Seit 4 Monaten versuche ich jede Woche einen Artikel zu veröffentlichen. Zum einem macht mir das Schreiben und Recherchieren viel Spaß und zum anderen braucht ein Blog einfach ein paar Artikel, um gefunden zu werden und Interessierten eine Idee zu vermitteln, worum es hier eigentlich geht.
Doch ich setze mich mit dieser Vorgabe auch unter Druck. Heute habe ich mich auch gefragt, was will ich veröffentlichen. In meiner Themensammlung sind noch einige Ideen, für die meisten muss ich aber erst recherchieren. Und das schaffe ich an einem Tag nicht bzw. nicht in der Tiefe, in der ich mir das vorstelle. Auch habe ich gerade kein passendes Buch gelesen, dass ich vorstellen könnte.
Und schnell wird aus einem Hobby/Interesse eine Verpflichtung, ein „Müssen“. Dies führt zumindest bei mir meist zu Widerwillen. „Müssen“ müssen wir soviel, wir müssen arbeiten, um Essen auf den Tisch zu bekommen und andere Dinge im Leben bezahlen zu können. Wir müssen aufräumen und putzen. Irgendwer beschwert sich leider immer, wenn es dreckig ist, naja und mit Chaos kann ich leben, aber im Dreck nicht unbedingt. Wir müssen uns bei Familie und Freund:innen melden, sonst glauben sie, mensch hätte keine Zeit. Nicht jede:r sagt etwas, aber manchmal klingt es durch.
Natürlich habe all diese Dinge ihre guten und schönen Seiten und meistens will ich es auch. Aber wenn ich nicht will, aber muss, entsteht dieser Leistungsdruck. Du musst dich melden, du musst aufräumen, du musst arbeiten, du musst …, du musst …, du musst … .
Ich weiß, dass es mir gut geht und ich mich auch glücklich schätzen kann, mir eine 4 Tage Woche finanziell erlauben zu können. Aber ich merke auch, wie gut es mir tut, nicht fünf Tage arbeiten zu müssen. Und selbst jetzt fehlt mir oft die Zeit für viele Dinge, die ich tun muss. Ich weiß gar nicht, wie andere Menschen dies hinbekommen.
Wahrscheinlich auch nur, weil es sein muss. Wir müssen einfach funktionieren. Egal ob wir Kinder im Homeschooling haben, Angehörigen pflegen müssen oder einfach den Leistungserwartungen anderer gerecht werden zu müssen, egal ob unsere eigenen psychischen und physischen Kapazitäten dafür ausreichen.
So wie es optisch unterschiedliche Menschen gibt. Groß, klein, leicht- oder mehrgewichtig, Weiß, Schwarz, Blonde oder rote Haare, blaue oder braune Augen usw. So haben wir alle unterschiedliche viel Kapazität, um leisten zu können.
Doch häufig wird von uns auf der Arbeit ein Mindestmaß an Leistung erwartet. Je nach Typ noch getoppt durch die eigene Erwartung. Dann erwarten Familie und Freund:innen auch Dinge von uns und wir selber erwarten natürlich auch, dieses und jenes zu schaffen. So steigen die Erwartungen, die an uns gerichtet werden und der Leistungsdruck entsteht/steigt.
Ich frage mich nur, warum ist das so? Ist es der Kapitalismus, unsere Gesellschaft oder die Erziehung? Hängt alles zusammen?
Ich weiß es nicht. Ich versuche zumindest im privaten Umfeld meine Erwartungen an mich und andere außen vor zu lassen. Ich möchte niemanden unnötig unter Druck setzen. Für mich heißt es einfach, wenn ich keine geeigneten Artikel für die Woche schreiben kann, dann ist es eben so. Entweder ergibt sich um Laufe der Woche noch etwas oder in der nächsten Woche kommt etwas Neues.
Kennst du diesen eigenen Leistungsdruck? Was tust du dagegen?
2 Kommentare
Liebe Jenny,
danke für diese tollen, ehrlichen Worte. Das Gefühl kenne ich auch – und zwar lustigerweise auch von meinem Blog. Das ist natürlich nicht der einzige Ort, an dem dieses „Müssen“ passiert. Aber es ist der Ort der Freiwilligkeit, an dem es nicht passieren sollte. An dem ich die Wahl habe – eigentlich. Und so nehme ich mir, wie du, auch mal Auszeiten vom Schreiben und veröffentliche nichts. Dabei ist es ja nicht so, dass ich untätig wäre oder faul. Meine Zeit fließt nur in etwas anderes Sinnvolles.
Ein wichtiger Grund, den ich bei mir ausgemacht habe: Mit dem Tun steigt mein eigener Anspruch. Umso öfter ich einen Beitrag schreibe, desto besser müssen sie werden. Schließlich bekomme ich Übung, lerne immer mehr dazu, recherchiere aus Interesse noch mehr, entdecke andere tolle Blogs und Quellen und sehe, wie viel besser es noch geht, würde das bei mir auch gerne umsetzen usw. usf. Außerdem würde ich gerne noch mehr Follower und Leser haben, weil das ein tolles Gefühl von mehr Wirksamkeit verheißt.
Nur um dann festzustellen, dass dieser Anspruch plötzlich eine riesige Zeitinvestition erfordert – die so gar nicht mehr im Einklang mit dem steht, womit mein Blog gestartet war: Dass ich meine Erkenntnisse mit anderen teilen – und fertig.
Muss es ein hochprofessionell gestyltes Bild dazu geben? Oder darf das ruhig amateurhaft aussehen?
Muss ich immer alle Quellen astrein benennen? Oder darf ich auch mal „schludern“?
Muss es immer etwas bahnbrechend Neues sein? Oder auch ein Thema, was andere schon mal hatten?
Muss ich für „mehr Erfolg“ wirklich immer mehr investieren?
Es ist doch nur ein Hobby………..
So geht’s mir auch. Und ich versuche mir selbst den Leistungsdruck zu nehmen, indem ich akzeptiere, dass ich nicht super viel Zeit investieren kann und dennoch meinen interessanten Beitrag für viele Leser leisten kann. Weil ich es möchte, nicht weil ich „muss“.
(Aber nicht immer gelingt mir dieser Brückenschlag zwischen Anspruch und Umsetzung…)
Liebe Grüße
Daniel
https://klimaschutzjetzt.wordpress.com
Hallo Daniel,
ja der eigene Anspruch trägt auch dazu bei. Immer muss es ein sinnvoller Beitrag mit Mehrwert sein. Vernünftig recherchiert und schön aufgearbeitet. Andererseits bin ich ja keine Zeitung oder ein Magazin, sondern ein persönlicher Blog über nachhaltiges leben. Daher hoffe ich sehr, dass ich meine Ansprüche etwas reduzieren kann und mit Spaß weiter am Blog arbeite.
Viele Grüße
Jenny